Auftreten und Präsenz, Pitch Training, Schauspieltraining, pitchtraining diversity

DIVERSITÄT – DIVERSITY – DIVERSITÀ – DIVERSITÉ – DIVERSIDAD

Diversität – diversity – diversità – diversité – diversidad – kommt aus dem Lateinischen und bleibt deshalb auch in seinem Wortstamm gleich, egal ob es sich um deutsch, englisch, italienisch, französisch oder spanisch handelt, selbst die Aussprache ist ähnlich. Die Bedeutung des Wortes ist: Vielfalt.
Ein Wort, das für mich schwer zu greifen ist, denn es wird von so vielen äußeren Dingen beeinflusst. Für mich beschreibt es eher einen inneren Gefühlszustand, der sich im Laufe meines Lebens ständig verändert.

by Lucia Peraza Rios

(Mutter ist Deutsche, Vater Kubaner)


Sehen wir uns das Konzept der Diversität genauer an, sein Ursprung liegt in der Geschichte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Dabei ging es hauptsächlich um die Gleichberechtigung von Schwarz und Weiß. Es manifestiert zudem das Ende einer Epoche und ist eindeutig positiv belegt.

Die Folgen kamen bei mir jedoch anders an. Lange Zeit definierte sich Diversität für mich als das „Andere“, und war deshalb für mich negativ belegt. Deswegen hatte ich mit dem Konzept meine Probleme. Ich habe es nicht verstanden, denn nicht meine Hautfarbe war divers, sondern ich wurde divers gemacht. Nicht die Sache, sondern die Person. Es schien mir als würde ich einen Stempel, eine Markierung tragen, obwohl der Begriff divers doch suggerierte, dass ich gleichberechtigt sei. Was er aber tatsächlich bewirkte, war ein Ausschluß von etwas, zu dem ich gehören wollte, ohne genau zu wissen, was es ist. Heute weiß ich, dass mir Selbstverständlichkeit des Andersseins fehlte. Das Gefühl, dass divers kein Sonderstatus ist sondern der Normalfall.

So zog sich das „divers-Sein“ durch mein Leben in unzähligen Varianten und Situationen, ohne meine Einflussmöglichkeit darauf, weil es immer von außen bewertet blieb. Der Mauerfall ist ein weiteres schönes Beispiel und verwirrte mich gänzlich. Denn durch ihn wurde auf einmal eine Seite an mir beleuchtete, nach der bis dahin nie jemand gefragt hatte. Wenn es darum ging woher ich kam, zielte diese Frage auf die Herkunft väterlicherseits, doch nun ging es um die Herkunft mütterlicherseits. Was mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst war, war das ich damals, einen unverkennbaren starken ostdeutschen Dialekt besaß. Eindeutig – divers. Später im Schauspielberuf musste ich nicht nur oft mit positiven und negativen Rassismus jonglieren. Auch dass ich aus dem Osten kam, spielte eine Rolle. Später kam zu allem noch das Thema Frau zu sein hinzu.

Viele dieser Diversitäten existieren parallel, und alle diese Facetten sind ein Teil von mir. Zumeist werden sie von außen vorgegeben, ebenso die ausschlaggebenden Kriterien, die ihnen zu Grunde liegen. Es ist die Diversität, die nicht meine ist, weil ich sie nicht aus mir heraus empfinden kann. Es sind nur Teile (m)einer Biografie, aber sie erzählen nicht meine Diversität.

Meine Diversität ist meine eigene Geschichte – verbunden mit den dahinter verborgenen Kulturen, ihren Vergangenheiten und die daraus resultierenden Begegnungen. Doch diese musste ich erst finden. Den soziologischen Anteil mir erarbeiten, von der Entfremdung zur Neudefinierung, um das Wort Diversität in seinem Synonym, nämlich Vielfalt und Allseitigkeit wirklich frei zu fühlen.
Als sei ich, in dem Moment meiner Geburt, in eine Vielzahl von Stücken in alle Richtungen zerstreut worden, wie der Spiegel zu Beginn der Schneekönigin. Meine Horkruxe. Ein 1000 Teile Puzzle. Und eine meiner Aufgaben im Leben scheint darin zu bestehen, nach jedem einzelnen Stück zu suchen. Es zu finden und dann zu schauen, wo es hinpasst, gibt mir die Sensation mich zu definieren. So kann ich mich sehen. Was ergibt das für ein Bild? Frage ich mich, ansehend. Erkennend. Fühlend. Und vielleicht verstehend. Mein Anderssein von allen Anderen. Und mein Gleichsein zu allen Anderen. Mich von dem entfernen, was mich anders fühlen ließ, um zu entdecken dass darin die Gemeinsamkeit liegt.

Ein Beispiel: Mein Name ist Lucia, es gibt mindestens 20 verschiedene Möglichkeiten diesen Namen auszusprechen oder zu verniedlichen und Koseformen zu formulieren…

Lucia auf spanisch, Lucia auf italienisch, Lucia auf schwedisch, Luzia deutsch, Lucy, Lúcy, Lucie, Luzie, Lu, Lulu, Luce usw. Und hinter jeder Möglichkeit steht ein Mensch und eine Verbindung, die ich zu ihm habe. Hinter jedem steht auch ein Teil meiner Sozialisierung, emotionalen Prägung, es verbinden sich Gerüche, Erinnerungen, Farben und Emotionen damit, die ein Teil meiner Geschichte sind. Und egal, wo ich hingehen kann, wird ein Fremder, der meinen Namen wie eine mir nahe Person ausspricht, es schaffen, dass ich ihm zuhöre. Denn ich kann mich nicht erwehren. Ich finde ein Puzzlestück wieder, entdecke mich in diesem Moment. Mein anderes Sein, in einer vielleicht völlig alltäglichen und banalen Situation. Ich kann mich sehen in dem Fremden und im selben Moment bindet mich die Situation an diesen Fremden, denn er hat etwas mit meiner Geschichte zu tun. Steht in Bezug zu mir. Gibt mir eine weitere Sichtweise und Prägung die Dinge zu betrachten.

Diversität – ein ungeschliffener Diamant ohne Fassung, der auf allen Seiten und zur gleichen Zeit maximale Vielseitigkeit und Potenzial reflektiert. Einzig in seiner Entstehung und doch nur ein Stein. Das ständig ändernde Gefühl aus diesem Konglomerat von Geschichten, Generationen, verschiedenen Kulturen, Sprachen und den unendlichen persönlichen Details sowie genährt von dem Wissen unserer Zeit und gespiegelt an einem Gegenüber – das verstehe ich unter Diversität. Ich agiere aus ihr. Und darauf bin ich stolz.